Produktdaten, Beziehungen - oder: Quantität und Qualität

Von

Jan Kittelberger

Lesedauer: 3 Minuten

Produktdaten und Beziehungen

Keine Sorge, wir sind nicht unter die Therapeuten gegangen. Doch heute wollen wir uns mit dem Thema Beziehungen befassen – genauer gesagt mit der Frage, was Produktdaten mit Beziehungswissen zu tun haben und wie beide Themen im Marketing ineinandergreifen.

Zunächst einmal: Ein „Produkt“ im Marketing ist für die meisten leicht vorstellbar – sei es als Produktdetailseite im Web oder als Seite im Printkatalog. Dort hat dieses Produkt dann einen Namen, eine Bestellnummer und viele Eigenschaften, die es beschreiben. Wie gut diese Informationen strukturiert und einheitlich aufbereitet sind, ist ein entscheidender Faktor dafür, wie effizient mit den Daten gearbeitet werden kann und wie erfolgreich sich die Produkte verkaufen. Sind die richtigen Keywords im Produkttext vorhanden? Entspricht die Bezeichnung eines technischen Attributs dem Branchenjargon? Ist mein Produktportfolio so beschrieben, dass der Nutzer leicht vergleichen kann? Und ist mein Datenmodell so flexibel, dass ich schnell auf Marktveränderungen oder Systemanforderungen reagieren kann? Gleichzeitig stellt sich die Frage: Kann ich all das so standardisieren, dass ich möglichst viele Ausgabesysteme effizient bedienen kann? Wie gehe ich mit Bildvarianten um?

All diese Fragen beschäftigen uns bereits seit Jahren. Heute möchten wir jedoch auf zwei aktuelle Trends eingehen, die wir beobachten.

Trend 1: Immer mehr Informationen pro Produktdatensatz

In den letzten Jahren sehen wir, dass die Menge an Inhalten pro Produktdatensatz deutlich zunimmt. Mehr Media Assets werden produziert, es gibt mehr Texte, und der Wunsch wächst, möglichst viele zusätzliche Informationen zu jedem Produkt zu hinterlegen und miteinander zu verknüpfen. Archivierte Produkte werden weiterhin veröffentlicht, Bilder in höheren Auflösungen bereitgestellt, und unter dem Druck der Digitalisierung steigt der Bedarf, möglichst viele Daten in einem System zu konsolidieren und deren Ausgabe zu rationalisieren.

Ein Beispiel: Das neue Produktbild von Artikel A wird zusätzlich als „Abbildung ähnlich“ bei Artikel B verwendet. Zubehör X und Produkt Y gehören zusammen – diese Information ist für den Nutzer aber nur dann wirklich nützlich, wenn er auch weiß, nach wie vielen Betriebsstunden ein Verschleißteil ausgetauscht werden muss oder in welcher Baugruppe das Teil wie oft vorkommt.

Trend 2: Daten müssen intelligenter werden

Ein weiterer Trend ist die zunehmende Bedeutung von serviceorientierten Geschäftsmodellen, die stärker digitalisiert werden müssen. Ein gutes Beispiel ist das schnelle Wissen über passende Ersatzteile für den Servicetechniker vor Ort – dies spart Zeit und Geld. Die Information über kompatibles Zubehör, inklusive Wechselintervallen und Standzeiten, erhöht nicht nur potenziell den Umsatz im Shop, sondern hilft dem Nutzer auch bei der Mengenkalkulation in seinem Unternehmen. Das wiederum kann ein entscheidendes Argument im Vertrieb sein.

Datenbasis, Beziehungen zwischen Objekten und Flexibilität

Diese Trends sind Paradebeispiele für „Beziehungswissen“ – die Fähigkeit, Beziehungen zwischen Objekten zu modellieren. Handelt es sich um Zubehör oder ein Ersatzteil? Was ist der Kontext? Bedeutet es in allen Ländern dasselbe? Und welche Informationen liegen „auf der Beziehung“ zwischen zwei Objekten und nicht direkt bei den einzelnen Objekten selbst? Solche Beziehungsinformationen könnten sogar helfen, Prozesse zu automatisieren, die bislang manuell gepflegt werden müssen.

Das Wichtigste dabei ist, wie immer: Man muss die Realität verstehen, die man abbilden möchte.

Was hier vielleicht abstrakt klingt, ist seit Jahrzehnten im Fahrzeugbereich bekannt. Kein Hersteller und keine Autowerkstatt kann heute noch ohne die entsprechenden Informationen auskommen. Folgerichtig steigen auch in anderen Branchen die Anforderungen an Datenqualität und Struktur. Die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, sind weitreichend.

Datenqualität und Datenvollständigkeit als Wettbewerbsvorteil

Datenqualität und Datenvollständigkeit sind entscheidende Wettbewerbskriterien – vor allem dann, wenn Branchenstandards wie Tecdoc, ETIM, ARGE und Datanorm eine überprüfbare Definition dieser Kriterien vorgeben. Doch auch außerhalb solcher definierten Standards gilt: „Vollständig“ ist im Zeitalter schnell wechselnder Anforderungen kein statischer Zustand. Darum ist „Flexibilität“ mindestens ebenso wichtig.

Die meisten neuen Geschäftsmodelle und Projekte basieren auf dieser Voraussetzung: einer soliden Datenbasis auf der einen Seite und der notwendigen Beweglichkeit auf der anderen. Damit bestätigt sich einmal mehr das alte Zitat von Lothar Schmidt: „Beziehungen schaden nur dem, der sie nicht hat.“ Auch wenn er dabei vermutlich nicht an Produktdaten gedacht hat.